Poesie ist Tanz – Festivaleröffnung

Oft werden Tanz und Poesie als deutlich getrennte Kunstformen angesehen. Das stimmt, das sind sie auch. Die eine ist einzig und allein im Moment, während die andere so lange auf den Seiten lebt, wie es Bücher gibt.
An diesem Abend wird es jedoch darum gehen, wie sich diese beiden Disziplinen gegenseitig stärken, antreiben und formen können. Wenn es darum geht, das, was unter der Oberfläche liegt, zum Vorschein zu bringen, schaffen es nur wenige Kunst-formen, dies so unvermittelt, leidenschaftlich und persönlich zu tun wie der Tanz.
Hier ist die Verbindung zur Poesie am deutlichsten: Beide sind intensive Ausdrucksformen, die sich um Rhythmus und Stil drehen. Sie halten sich vom Ra-tionalen fern und lassen statt-dessen das Herz erbeben, die Glieder schütteln und das Herz bewegen. Und vor allem sind beide eine Freude. Eine Freu-de, daran teilzuhaben, und eine Freude, sie zu sehen.
An diesem Abend wird es genau um diese Erfahrung gehen,
mit Filmen, Performances und Versuchen, das soeben Erlebte durch Diskussionen zu rationa-lisieren.

Doortje Peters-Performance

Doortje Peters | Stepptanz

Schauspielerin, Theatermacherin und Stepptänzerin.

Als Doortje Peters sechs Jahre alt war, begann sie Rhythmus-Stepp-Kurse und lernte später von internationalen Lehrern. Die große Entdeckung, dass Stepptanz nicht nur eine Tanzform ist, sondern auch eine Musikform sowie eine Art, eine Geschichte zu erzählen, hat ihr Leben verändert. Sie arbeitete mit verschiedenen Jazz- und Klassik-Ensembles und mit Theatergruppen wie Vis à Vis, Mime Wave, House of Makers und der Sebastian Weber Dance Company. Rhythmus, Bewegung und Humor als Hauptantrieb inspirierte sie mehr und mehr dazu, verschiedene Disziplinen in ihrem eigenen Werk zu vereinen. Mit ihrem Kollektiv Tappin-It Collective spielte sie in einer Mischung aus Stepptanz, zeitgenössischem Tanz, Pantomime und Musiktheater.

Ulrike Almut Sandig_Performance_ Poetry is Dance

Ulrike Almut Sandig | Performance

Prosa, Performance, Poesie

Ulrike Almut Sandig wuchs im ländlichen Sachsen auf und veröffentlichte zahlreiche Bände mit Gedichten und Erzählungen, Musikalben und Hörspiele. Ihr Roman „Monster wie wir” (2020) wurde im Feuilleton gefeiert.
Sie ist Frontfrau des Poesiekollektivs Land-schaft und vertont, verfilmt und trägt ihre Poesie in enger Zusammenarbeit mit Künstler*innen aus der ganzen Welt vor. Zuletzt wurde sie mit dem Erich-Loest-Preis (2021) geehrt. Über ihren aktuellen Gedichtband „Leuchtende Schafe” schreibt die F.A.Z.: „Ulrike Almut Sandigs Dichtkunst schenkt ihren Lesern Freiheit.”
Sie fertigt deutsche Nachdichtungen aktueller Lyrik aus dem Ukrainischen an. Im Herbst 2023 erscheint unter dem Titel „Funkhaus” ihre Übersetzung der Gedichte der neuseeländi-schen Dichterin mit Maori-Wurzeln Hinemoana Baker. Sandig lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Boris Seewald

Boris Seewald | Gast

Filmmaker

Boris Seewald ist ein preisgekrönter Video-Regisseur aus Berlin. Er behandelt Video wie eine Choreografie; er komponiert und illustriert Bilder, die Musik und Klang rhythmisch visualisieren und verstärken.
Vom Experimentellen und Unkonventionellen angezogen setzt er in seinen Arbeiten eine Vielzahl von Techniken ein, die abstrakte Animation und Mixed Media mit Live-Action-Filmmaterial verbinden. Der handgemachte Animationsstil verleiht seinen Videos die Spontaneität und Lebendigkeit eines bewegten Gemäldes.
Zehn Jahre Erfahrung in der Postproduktion als Cutter und Animator haben ihn zu einem multidisziplinären Regisseur gemacht, der weiß, wann es in der Postproduktion „ans Eingemachte” geht.
Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, darunter dem Cinedans Dioraphte Jury Award und dem Promax Award in Gold sowie einer Nominierung für den Deutschen Kamerapreis, sind seine Filme für ihren visuellen Reichtum, ihre expressionistische Dynamik und ihren Humor bekannt.
Neben großen Marken, Produktionsfirmen und Institutionen arbeitete er unter anderem mit Künstlern wie Ralf Hildenbeutel, Francesco Tristano, Sebastian Plano, Alica Sara Ott, Sissi Rada, Marama Corlett, Laura Zalenga und Nemanja Radulovic.

The Corporeal Poetry Collective

The Corporeal Poetry Collective | Gast

The Corporeal Poetry Collective. Die Autorin und Dramaturgin Bettina Henningsen, der Tanzdrama-turg Joachim Goldschmidt und der Spoken-Word-Artist und Medienkünstler Dean Ruddock begannen 2016 mit Literatur und Tanz zu experimentieren.
Seit 2021 ist die Intermediakünstlerin, Poetin und Performerin Kinga Tóth Mitglied des Kollektivs.
Im Mittelpunkt der künstlerischen Zusammenarbeit steht die körperliche Realisierung bestimmter Themen mit künstlerischen Mitteln (Tanz, Text, Bewegung, Sound, Visualität). Der (poetische) Text soll nicht nur mitgeteilt, sondern physisch dargestellt und geäußert werden und eine Verbindung zwischen den verschiedenen Kunstformen schaffen.
Mit diesem interdisziplinären und kollektiven Ansatz wird sich seither verschiedenen Themen an-genähert: So entstanden während der Pandemie lyrisch-luzide Videoclips mit collagierten Texten, naturverbundener Klangkunst und performativen Installationen. Die Umsetzung erfolgte maßgeblich mit Tänzer*innen aus dem urbanen Tanz mit zeitgenössischen Einflüssen und einer Affinität zum Krumping. Gearbeitet wurde hierfür unter anderem mit Balladen von Annette von Droste-Hülshoff, Variationen des Undine-Mythos oder auch eigenen Feldstudien zur Frage „Was ist eigentlich Wahrheit?“.
Zurzeit entwickelt die Gruppe ein neues Stück um den Themenkomplex Sterben und Tod. Basierend auf eigenen persönlichen sowie künstlerischen Zugängen forschen sie in Labs und Interviews, um nicht nur authentische Worte, sondern auch poetische Bewegungen für die mit den Themen verbun-denen Sprachlosigkeiten zu finden.

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Anna Eijsbouts | Kuratorin

Poetry is Dance Programm

Die Niederlande

Anna Eijsbouts ist Regisseurin leicht skurriler Kurzanimationsfilme, Programmgestalterin für die experimentellen Vorführungen des Kaboom Animation Festivals, Dozentin an der Hochschule der Künste in Utrecht und Vorstandsmitglied der DAMD, der niederländischen Vereinigung für Animatoren und Bewegungsdesigner.
Mit ihrem Film „Tired of Swim-ming”, der mehrere Preise gewann, schloss sie 2012 einen MA in Animation am Royal College of Art ab. Zuletzt animierte sie für das Visible Poetry Project zu Neil Gaimans Gedicht „Hate for Sale”, das ebenfalls um die Welt reiste und auf Festivals wie dem Hiroshima Animation Festival, dem Zebra Poetry Film Festival und den Weimarer Poesiefilmtagen Preise gewann.
Ihre Kurzfilme variieren von kleinen, aber detaillierten Charak-terstudien im eigentümlich persönlichen Genre bis hin zu Filmen, von denen sie hofft, dass sie irgendwie die Welt verändern werden.
Die Zeit, in der sie nicht an per-sönlichen Projekten arbeitet, füllt sie mit kommerziellen Arbeiten, die sich um diese herum entwickeln, mit Reisen und mit vielen Stunden auf der Tanzfläche.

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Momentum

Regie: Boris Seewald

Deutschland, 6:43 min

Für Patrick begann ein Tortilla-Chip seinen Moment der Selbstfindung. Mit überschwänglichem Tanzen und magischer Leidenschaft teilt er seine Inspiration und lädt alle zum Mitmachen ein. Sogar seine Mutter.“Momentum“ erforscht das Konzept der spontanen Authentizität und die Synopse von Körper und Seele… durch Tortilla-Chips und Tanz.

Roselyne - Tereza Vejvodova__poetry-is-dance

Roselyne

Regie: Tereza Vejvodová

Choreographie: Cécile da Costa

19:30 min

Das audiovisuelle Gedicht basiert auf einer wahren Geschichte von Roselyne – einer Frau, die vergessen hat, ihr Leben zu leben. Sie könnte ein Spiegelbild unserer Zweifel sein, der Entscheidungen, die wir nicht getroffen haben, der Möglichkeiten, die wir nicht genossen haben. Wie werden wir zu unserem wahren Selbst?

Ursprüngliches Konzept und Choreographie von der französischen Performerin Cécile Da Costa.

Evidence of it all - Drew Jacoby_poetry-is-dance

Evidence of it all

Regie: Drew Jacoby

Text: Royce Vavrek

9:11 min

Die Choreografin Drew Jacoby (Nederlands Dans Theater, Royal Ballet of Flanders) inszeniert ihren ersten Kurzfilm für SFDanceworks. Sie beauftragte den Pulitzer-Preisträger-Librettisten Royce Vavrek, eine Geschichte und einen Text für den Film zu entwerfen, der auf dem Konzept der sieben Kardinalsünden basiert.

SHE by Emil Dan Seidel _poetry-is-dance

SHE

Regie: Emil Dan Seidel

7:30 min

Gefangen in einem Raum entfaltet die Protagonistin Clarice durch ein Spiegelverhör eine Vision ihrer eigenen Identität.
SHE“ ist eine filmische Adaption einer gleichnamigen Solo-Tanzperformance.
Inspiriert von Clarice Lispectors „The Passion According to G. H. “ drehte sich das Solo um Identität und Zweifel.